"Gesellschaftlicher Zusammenhalt als zentrales Thema"
Eschelbach. Zu einem neuartigen Format hatte die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Eschelbach unter dem Titel „Dorfliebe“ eingeladen. Michel Salzer, Referent des Politischen Bildungsforums Baden-Württemberg der KAS, begrüßte die Gäste und erklärte das Ziel der Veranstaltungsreihe: Den politischen Austausch gezielt in den ländlichen Raum zu tragen. Zum einen sollen politische Bildungsveranstaltungen eben nicht nur in Stuttgart, Ulm oder Karlsruhe stattfinden, zum anderen sollen gerade die Anliegen des ländlichen Raums in der Politik besser sichtbar werden. Die Stiftung organisiert daher in ganz Deutschland Veranstaltungen wie Stammtische oder „Dorfkino“.
„Gerade auf dem Land fühlen sich viele Menschen nicht mehr wahrgenommen“
Zu der Veranstaltung in Eschelbach hatte die KAS den örtlichen Landtagsabgeordneten Dr. Albrecht Schütte eingeladen. Dieser führte aus, vor welchen Herausforderungen Deutschland und letztlich die Welt stünde. So würden die USA als globaler Stabilitätsanker wegfallen, der Welthandel, von dem vor allem Deutschland profitiere, werde von Trump mit Zöllen unter Druck gesetzt und Europa laufe Gefahr, bei der technologischen Entwicklung den Anschluss zu verlieren.
Ebenso gefährlich sei zudem die Spaltung im eigenen Land. „Gerade auf dem Land fühlen sich viele Menschen nicht mehr wahrgenommen“, so der Abgeordnete. Baden-Württemberg im Allgemeinen und Sinsheim-Eschelbach im Besonderen stehe im Vergleich der ländlichen Räume noch sehr gut da. Unter anderem mit Zahnarzt und Allgemeinmediziner, einem gesunden Vereinsleben und Kindergarten sowie Grundschule, Bäcker und Metzger gebe es viel Infrastruktur. In anderen Bundesländern sei davon längst viel verschwunden.
„Damit es auch in Baden-Württemberg so bleibt bzw. mehr in die ländlichen Räume investiert wird, braucht es Abgeordnete, die aus genau diesen Gegenden kommen. Listen, auf denen fünf der sechs ersten Kandidaten in Stuttgart wohnen, sind für eine Politik für das ganze Land viel zu einseitig besetzt.“
Bürokratie und Pragmatismus
In der anschließenden Diskussion mit den Gästen, die sich unter anderem um das Thema Bürokratie drehte, forderte Schütte mehr Verlässlichkeit und Pragmatismus seitens der Politik und der Gesellschaft. Er kritisierte, dass für das Gemeinwohl getroffene Entscheidungen immer wieder von Einzelnen in Zweifel gezogen würden und Projekte durch das Ausschöpfen des Rechtsweges deutlich später als möglich kämen.
Dieser Mangel an Pragmatismus zeige sich auch in einer zu restriktiven Verwaltung: Viel zu oft würden übereifrig ausgelegte Gesetze den Fortschritt behindern. Als Beispiel nannte Schütte Naturschutzbehörden, die bei der Verhinderung von Projekten fälschlicherweise auf starre EU-Vorgaben verweisen, obwohl es sich tatsächlich meist um Auslegungssachverhalte handele. „Nationale und Landesgesetzgeber müssen aufhören, den Goldstandard in der EU zu definieren, und der in europäischen Rahmenrechtsakten vorhandene Ermessensspielraum muss von Behörden und Gerichten wieder stärker genutzt werden können“, so die klare Forderung Schüttes.
Gleichzeitig hob der Abgeordnete auch positive Entwicklungen in der Region hervor. Der ÖPNV biete tagsüber ein enges Netz an. Seit 2015 habe die Verneunfachung der Landesmittel für den Schulbau, für die er auch jahrelang gekämpft habe, zur Verbesserung der Lage an den Schulen im Wahlkreis beigetragen. Und auch die Baustellen an Landesstraßen zeigten, dass hier deutlich mehr investiert werde als noch vor wenigen Jahren.
Ehrenamt als Rückgrat des Zusammenhalts
Aber: Geld sei nicht alles, betonte Schütte. Entscheidend für das kulturelle Angebot und den Zusammenhalt sei das ehrenamtliche Engagement: „Auf dem Land lebt der gesellschaftliche Zusammenhalt vom Ehrenamt, das hier tolle Arbeit leistet. Arbeit, die in den Städten oft von der Verwaltung geleistet werden muss.“ Ein gutes Beispiel hierfür sei die jüngst vergangene Eschelbacher Jubiläumskerwe. Daher sei es hervorragend, dass eine politische Stiftung dies aufnehme und klar mache: „Der ländliche Raum lebt von der Dorfliebe seiner Bürgerinnen und Bürger.“